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KI-Einsatz in Mobilfunknetzen: Wir geben einen Überblick

Künstliche Intelligenz ist das Trendthema schlechthin. Das galt auch auf dem diesjährigen Mobile World Congress – und dort nicht nur auf Smartphones, sondern auch bei Anbietern von Netzinfrastruktur. Wir geben einen Überblick, was KI im Netz alles leisten kann.

Autor: Hannes Rügheimer • 18.4.2024 • ca. 3:35 Min

KI-Einsatz in Mobilfunknetze
Intelligenz im Netz
© Andrey Suslov / Shutterstock.de

Simultanübersetzungen, automatische Zusammenfassungen und Transkripte, generative Bildbearbeitung – mit solchen Anwendungen von künstlicher Intelligenz kommen Mobilfunknutzer heute schnell in Berührung. Doch in Barcelona auf dem Mobile World Congress im Februar stand das Thema auch bei den Anbi...

Simultanübersetzungen, automatische Zusammenfassungen und Transkripte, generative Bildbearbeitung – mit solchen Anwendungen von künstlicher Intelligenz kommen Mobilfunknutzer heute schnell in Berührung. Doch in Barcelona auf dem Mobile World Congress im Februar stand das Thema auch bei den Anbietern von Netztechnik weit oben. Wir haben uns umgesehen, wofür sie – und somit die Netzbetreiber – KI schon heute nutzen, und was morgen noch dazukommen wird.

Energiesparen mit KI

Ein beherrschendes Thema für die Mobilfunker ist die Frage, wie sie angesichts massiv gestiegener Energiepreise ihre Netze mit geringerem Energieeinsatz betreiben können, ohne dass der Nutzerkomfort darunter leidet .

connect hat darüber schon mehrfach berichtet:

Zum Erreichen von Umweltzielen helfen entsprechende Sparmechanismen gleich mit. Beim Betrieb des Zugangsnetzes beziehungsweise der Mobilfunk-Basisstationen steht eine Vielzahl von Standby- und Sparoptionen zur Verfügung.

KI-Einsatz in Mobilfunknetze: Auslastung Basistationen Abschaltzustände
Zum Energiesparen bei geringer Auslastung können Basisstationen diverse Abschaltzustände annehmen. KI hilft bei der Entscheidung, welcher Modus wann sinnvoll ist.
© Nokia

Beispielsweise können bei geringer Auslastung in der Nacht einzelne Trägerfrequenzen abgeschaltet werden. Allerdings kann es je nach „Tiefe“ der Abschaltung bis zu mehrere Minuten dauern, bis die Versorgung wieder auf den vorherigen Zustand hochgefahren ist. Bei der Entscheidung, wann welcher Sparmodus sinnvoll ist, hilft KI. Dabei fließen auch Prognosen zur Netznutzung innerhalb eines Zeithorizonts von etwa 30 Minuten ein.

Entsprechende Lösungen zeigten auf dem MWC 2024 unter anderem Nokia und Ericsson. Auch für die bei Netzbetreibern zunehmend populären Open-Source-Systeme nach OpenRAN-Standard waren solche KI-basierten Sparmechanismen zu sehen.

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Funkressourcen optimieren

Moderne Massive-MIMO-Antennen (Multiple Input, Multiple Output) können Funksignale per Beamforming so ausrichten, dass sie mit der benötigten Kapazität bei jedem einzelnen Nutzer ankommen. So werden Ressourcen wie verfügbares Spektrum oder eingesetzte Energie optimal genutzt.

Sind viele Anwender aktiv, von denen jeder das Netz zu jedem Zeitpunkt unterschiedlich stark auslastet, ist die individuelle Zuweisung der Funkressourcen ein komplexer Optimierungsprozess. KI-Lösungen helfen auch bei dieser laufenden Optimierung der Funkressourcen im Radio Access Network (RAN).

Dieses Zugangsnetz besteht aus den Basisstationen und den ihnen übergeordneten Steuereinheiten. Die Anbieter sprechen auch von SON, also Self-optimizing Networks. Diese arbeiten dabei im Übrigen mit KI-Elementen in den Smartphones zusammen, die ihrerseits den Empfang und die Signalmodulation auf dem Rückkanal feintunen.

Obwohl die Interessen beider Instanzen verschieden sind (Mobilfunknetz: begrenzte Ressourcen möglichst optimal auf alle verteilen; Smartphone: möglichst gutes Signal und möglichst viel Bandbreite für sich selbst beziehen), bestätigen Experten, dass dies in der Praxis bessere Gesamtergebnisse liefert als ohne KI.

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Netzplanung und interne Prozesse der Netzbetreiber

Der Einsatz von KI in den Mobilfunknetzen reicht aber über die Optimierung von Funksignalen und Netzressourcen im laufenden Betrieb weit hinaus. So setzen Funknetzplaner bei der Suche nach geeigneten Standorten für neue Basisstationen mittlerweile ebenfalls stark auf KI-basierte Tools.

Sie helfen bei der Modellierung, welche Signalstärke an welchem Ort zu erwarten ist und wo demnach – im Zusammenspiel mit benachbarten Funkzellen – der optimale Standort für eine neue Basisstation wäre. Zudem unterstützen KI-Tools die vielfältigen Logistikprozesse, die beim Betrieb eines Mobilfunknetzes und allen damit verbundenen Servicethemen anfallen:

Was ist die optimale Route für die Anlieferung von Antennen und RAN-Bauteilen beim Bau neuer Basisstationen? Welche Lagerorganisation gewährleistet, dass bestellte Smartphones und SIM-Karten möglichst schnell beim Kunden ankommen? Welche Tour sollte ein Technikerteam abfahren, um anstehende Reparaturen möglichst effizent abarbeiten zu können?

Auch diese Antworten liefern längst spezialisierte KI-Tools. Dies beinhaltet auch die „vorausschauende Wartung“ (englisch: Predictive Maintenance) – Hochrechnungen, wann wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Bauteil ausfallen könnte, um es rechtzeitig ersetzen zu können.

KI-Einsatz in Mobilfunknetze: Netzplanung Standort Mobilfunkbasis
Bei der Netzplanung gilt es, den optimalen Standort für eine Mobilfunkbasis zu finden – abhängig davon, welches Gebiet ausgeleuchtet werden soll und wo mögliche Standorte verfügbar sind. Auch dabei unterstützt KI.
© Telekom

Dass diese Anwendungen auch den Kundenservice selbst einschließen, erfährt jeder, der auf der Website eines Netzbetreibers mit einem Chatbot zu tun hat. Dort merkt man auch, dass die Fortschritte auf dem Gebiet GenAI (siehe unten) die Qualität dieses automatisierten Services zumindest schrittweise verbessern.

Einig sind sich die Netzbetreiber auch hier: Fachkräftemangel und Alterspyramide werden es unverzichtbar machen, bisher von Menschen geleistete Arbeit künftig mit KI zu erledigen. Schon jetzt laufen darum Projekte, KI-Systeme mit dem Fachwissen von Netztechnikexperten zu trainieren, die in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen

Deutsche Telekom MWC 2024
Aktion Overlay

Welche Unterschiede bei KI gibt es?

Künstliche Intelligenz (KI, englisch: Artificial Intelligence, AI) ist eigentlich ein Überbegriff für verschiedene Technologien.

Machine Learning und Deep Learning

Maschinelles Lernen gibt es schon seit den 1980ern. Algorithmen analysieren Trainingsdaten und erhalten positive Rückmeldung, wenn ihr Output das erwünschte Ergebnis zeigt. Die dabei erlernten Verknüpfungen lassen sich auf neue Daten anwenden. Bei Deep Learning wird dies bestärkt, indem die Softwaremodule nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns vernetzt werden – als neuronale Netze. Damit lassen sich jedwede Mustererkennung (wie Spracherkennung oder Bildanalysen bis hin zur Diagnoseunterstützung bei medizinischen Aufnahmen) und Optimierungsprozesse realisieren.

Generative KI oder GenAI

Mit ausreichend Rechenleistung lässt sich dieses Grundprinzip auch nutzen, um Texte, Bilder oder seit neuestem sogar Videos zu generieren. Anwendungen wie ChatGPT, ein Large Language Model (LLM), Bildgeneratoren wie Midjourney und Dall-E oder Videogeneratoren wie Sora und Synthesia sind derzeit besonders populäre Beispiele. Ihre Technik verbessert auch Chatbots und ähnliche Prozesse.

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