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Galaxy S24 soll neues Smartphone-Kapitel aufschlagen

Samsung startet Galaxy AI

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Samsung hat einen Ausblick auf das Jahr 2024 gegeben. Deutlich wird, dass das Trendthema Künstliche Intelligenz noch lange nicht ausgereizt ist, im Gegenteil: Auf dem Smartphone wird KI künftig die Hauptrolle spielen. Das Schlagwort von Samsung lautet Galaxy AI.

Autor: Andreas Seeger • 13.12.2023 • ca. 4:05 Min

Samsung Galaxy AI Grafik
Instant-Übersetzungen von Telefongesprächen sind ein konkreter Anwendungsfall von KI auf dem Smartphone.
© Hersteller

Seit Chat GPT ist Künstliche Intelligenz (engl. Artificial Intelligence, AI) das Trendthema weit über die Tech-Szene hinaus. Da ist es wenig überraschend, dass Samsung Deutschland auf seinem "Executive Trend Briefing" in Frankfurt KI ebenfalls in den Vordergrund gestellt hat. Überrasch...

Seit Chat GPT ist Künstliche Intelligenz (engl. Artificial Intelligence, AI) das Trendthema weit über die Tech-Szene hinaus. Da ist es wenig überraschend, dass Samsung Deutschland auf seinem "Executive Trend Briefing" in Frankfurt KI ebenfalls in den Vordergrund gestellt hat. Überraschend ist allerdings die Geschwindigkeit und die Dichte, mit der es 2024 die Samsung-Agenda dominieren wird. Während KI bisher auf dem Smartphone nur einige Nebenrollen spielt und benutzt wird, um bestimmte Bereiche und Funktionen wie die Kamera zu verbessern, soll es 2024 in das Zentrum rücken.

Galaxy AI als das nächste große Ding

Wie sehr den koreanischen Elektronikriesen das Thema umtreibt, zeigt die Mitte November vorgestellte Marke "Galaxy AI" (zur englischen Pressemitteilung), auf die auch in Frankfurt ein Schwerpunkt gelegt wurde. Das Unternehmen spricht von einer neuen Ära und stellt Galaxy AI als den nächsten großen Smartphone-Entwicklungsschritt dar, nach dem Motto: Erst gab es das Feature Phone, dann kam das Smartphone und danach kommt Galaxy AI.

Und auch wenn das Wort "Galaxy S24" nicht in den Mund genommen wurde, ist klar, dass die neue Top-Serie Galaxy S24, die Anfang 2024 vorgestellt werden dürfte, der erste Botschafter für die neue Smartphone-Intelligenz sein wird. Technisch wird Galaxy AI lokale KI-Funktionen, die vom Smartphone-SoC berechnet werden, mit KI-Funktionen aus der Cloud kombinieren, und über diese Cloud sollen auch Dienste von Drittanbietern integriert werden können.

Qualcomm On Device AI
Die Unterteilung zwischen On-Device-AI und Cloud AI ist keine Erfindung von Samsung. Auch auf dem Snapdragon Summit 2023 von Qualcomm wurde diese Unterscheidung getroffen. Spezielle Rechenkerne auf den SoCs sind für diese Berechnungen optimiert.
© Qualcomm

KI ist ein inflationärer Begriff

KI wird im nächsten Jahr eine wichtige Rolle bei allen Produkten spielen, die Samsung vorstellt. Glaubt man der Industrie, dann sind wir bereits jetzt von Künstlicher Intelligenz umgeben: Das TV-Gerät skaliert Inhalte per KI hoch, KI filtert den Spam aus unserem E-Mail-Postfach, die Waschmaschine nutzt KI, um effizienter zu waschen. Auch Samsung hat in Frankfurt entsprechende Beispiele gezeigt, um zu zeigen, dass man KI bereits über die gesamte Breite der Produktpalette einsetzt.

Doch dabei wurde auch das Problem von KI deutlich: Es ist ein ungeschützter Begriff, der von der Industrie als Qualitätsmerkmal benutzt wird und vieles bedeuten kann, vom simplen Algorithmus zur Bildverbesserung bis hin zum sprechenden Computerprogramm. Diese Unschärfe führt zu Beliebigkeit und lässt den Einzelnen mit einer gewissen Ratlosigkeit zurück. Es ist ein bisschen wie mit dem Wald, den man vor lauter Bäumen nicht sieht.

Samsung Bespoke Jet AI
Samsung Bespoke Jet AI: Selbst ein Staubsauger kommt ohne Verweis auf KI-Funktionen nicht mehr aus.
© Hersteller

Auf dem Smartphone überall und nirgends

Das gilt umso mehr für das Smartphone. Die Pixel-Serie steht exemplarisch dafür. Entwickelt wird sie von Google, einem der Vorreiter bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz. Bereits 2017 hat Google-CEO Sundar Pichai die Künstliche Intelligenz zur wichtigsten technologischen Entwicklung seit der Industrialisierung ausgerufen und für seine Firma eine "AI First"-Strategie festgelegt. Tools, die auf KI basieren, ziehen sich durch alle Google-Produkte und durch das gesamte Android-Betriebssystem, vom magischen Radierer bis zur Live-Übersetzung.

Trotzdem gelten die Pixel-Smartphones nicht als KI-Phones, sondern als Smartphones mit exzellenter Kamera. Die "AI First Company" Google hat es bisher nicht geschafft, beim Thema KI auf dem Smartphone den Unterschied zu machen und sich von den Wettbewerbern abzugrenzen. 2024 wird Samsung den Versuch machen.

Google Pixel 8 Pro im Google Store
Das aktuelle Google-Flaggschiff Pixel 8 Pro im Google Store: Die Kamera steht im Vordergrund, nicht die KI-Funktionen
© Hersteller

Samsung hat die Smartphone-Nutzer

Mit dem KI-Modell "Gauss" hat Samsung ein eigenes LLM (Large Language Modell) entwickelt, das speziell für die Berechnung auf Smartphones zugeschnitten ist. Es ist sicher nicht so leistungsfähig wie Google Gemini, aber Samsung hat als Smartphone-Weltmarktführer gegenüber Google einen gewichtigen Vorteil: Man hat eine breite Smartphone-Nutzerbasis. Das ist deswegen so bedeutsam, weil das Smartphone ein persönlicher Begleiter und die Steuerzentrale für die meisten digitalen Aktivitäten ist. Natürlich ist auch Google in Form von Android auf vielen Smartphones vertreten, aber das Betriebssystem ist Open Source und kann von den Herstellern angepasst werden, wie wiederum das Beispiel Samsung zeigt: Auf den Galaxy-Phones läuft One UI, vom nativen Android ist nicht viel zu sehen.

Je komplexer eine Technologie ist, desto wichtiger wird das Interface. Für den Otto-Normalverbraucher ist Chat GPT nur über ein Textfeld im Browser zugänglich, was die Nutzung enorm einschränkt. Beispiel Übersetzung: Um Texte von Chat GPT übersetzen zu lassen, muss man sie erst per Copy&Paste einfügen. Samsung verspricht dagegen im Rahmen von Galaxy AI, dass das Galaxy-Smartphone einen Telefonanruf live übersetzt. Wenn man also in Korea anruft, spricht man auf deutsch ins Phone und der Gesprächspartner hört die koreanische Übersetzung. Das Feature soll direkt in die Telefon-App von One UI integriert sein, was der entscheidende Unterschied zu Chat GPT ist.

Wo ist eigentlich Bixby?

Bei alldem spielt der Samsung-eigene Sprachassistent Bixby keine Rolle, zumindest fällt der Name nirgendwo. Das ist keine Überraschung, weil Bixby sich nie gegen Amazon Alexa und Google Assistant durchsetzen konnte. Das Schicksal von Bixby zeigt auch, dass die KI-Strategie von Samsung nicht ohne Risiko ist: Als Smartphone-Weltmarktführer und als führender Entwickler von vielen elektronischen Komponenten sowie von Software hat man zwar beste Voraussetzungen, um bei KI auf dem Smartphone ganz vorne mitzuspielen, aber es kann eben auch schief gehen. Entscheidend wird sein, wie gut Samsung konkrete Anwendungsszenarien für KI über die erwähnte Übersetzungsfunktion hinaus in seine Smartphones integriert. Wenn es zudem gelingt, mit Galaxy AI das Smartphone als Ganzes zu einem Interface für KI-Anwendungen zu machen, dann sind die Versprechungen vielleicht gar nicht so überschwänglich, wie sie beim ersten Hören klingen.

Für Smartphones gilt: Die Software macht den Unterschied. Aber für Smartphones gilt eben auch: Ohne gute Hardware ist die Software nichts. Die Serie Galaxy S24, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Startschuss für Galaxy AI geben wird, wird jedenfalls spannender als die Vorgänger.

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